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Jedem Orden seine Tracht!

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#584
1109
2014
Do
7:52
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Seit nunmehr geraumer Zeit weile ich in den Gefilden meines neuen Ordens Srilankakite. Unsere farbenfrohe Ordenstracht nimmt Bezug auf diffizilen lokalen Windverhältnisse. Meine Mönchsbrüder ziert die Aufschrift „Gusty ain’t for pussy“, meine Nonnen-Schwester tragen stolz den Sinnspruch „Size does matter“ auf der Brust. Beides ruft uns täglich ins Gedächtnis, wie sehr die Natur hier unser Herr ist.

Unser Tagesablauf ist geprägt von der stets gleichen meditativen Abfolge unserer klösterlichen Aufgaben: essen, kiten, arbeiten, essen, kiten, essen, trinken, schlafen. Unsere Pflichten verrichten mit höchstem Eifer, manch einer behauptet gar beim Punkte „trinken“ fielen einige Mönchsbruder dem religiösem Wahn anheim. Sich zu lauter Musik um die Trinkstätte gesellend kündigt ihr Ruf „Arrack-Attack!“ von der nächsten Runde.

Den Morgen danach beherrscht die Stille des Windes. Die Bockigkeit desselben wuchs in Kalpitiya in den letzten Tagen noch beträchtlich an. Einem Sinnbild des Lebens gleichen geht man im einem Moment unter, im nächsten schleudern einen höhere Mächte direkt und ungewollt gen Himmelspforten. Vor Freude jauchzend intonieren wir hierzu altehrwürdige Choräle.

Zur Missionierung der umgebenden und grösstenteils muslimisch geprägten Dörfer berufen sind wir gehalten, uns mit unseren Segeln auf ausgedehnte Pilgerreisen bis in die äussere Dutch Bay zu begeben. Begleitet von fliegenden Fischen und einem zum Schutze unserer Leben abkommandierten Boote durchquerten wir unendlich weit erscheinende von Mangrovenhainen und Palmen begrenzte Flachwassergefilde.

Am Endpunkt unseres dreistündigen Kreuzzuges ereiferten wir uns mangels bekehrbarer Ungläubiger in der Lobpreisung der göttlicher Winde, welche hier mit grösster Mächtigkeit über eine kleine Sandbank fegten. Dem Himmel nah küssten wir in grossen Höhen die Pforten zum Paradies, bevor uns Bootsmann Ray zur Abendandacht zurück ins Kloster brachte.

Einzig das grässliche Essen hier stört die Abfolge unserer Taten. Meine Zunge liebt neue Eindrücke. Die Srilankische Küche bietet hervorragende Köstlichkeiten. Mein Magen ist gestählt ob der regionalen Gerichte dutzender bereister Länder. Doch der labbrig-britische Frass der Küchenmägde hier übersteigt dessen Keimresistenz bei weitem.

Das Reisen in diesem Lande ist gar beschwerlich. Nicht nur, dass ich nicht im Besitze eines Internationalen Führerscheins bin. Auch müsste ich selbigen in der mit der Droschke drei Stunden entfernten Haupstadt gegen einen nicht unerheblichen Obulus bestätigen lassen. Das Bestechen der in 10km-Abständen auftretenden Wegelagerern in Polzeiuniform ist mit fünf Euro noch relativ erschwinglich. Jedoch gehört Sri Lanka gewisslich nicht zu den Ländern, in welchen man ob eines ungültigen Führerscheins ohne Versicherung fahren sollte.

Die Verkehrsregel der Eingeborenen hier folgen den einfachen Gesetzen der Kinetik. Das Vorfahrtsrecht ergibt sich aus dem Produkt von Masse mal Geschwindigkeit, was gerade den Analphabeten den Einstieg in ein motorisiertes Leben deutlich erleichtert. Trucks und Busse werden vornehmlich von Muslimen geführt. Kleinere Gefährte wie TukTuks und vier-Personen-Moppeds werden hingegen zumeist von Buddhisten und Hindus gesteuert. Der Muslime reisst somit in der Regel bei „missglückten“ Überholmanövern einige „ungläubige“ mit in den Tod, erfüllt eine Grundregel des Djihad und wandert direkt ins Paradies. Hindus und Buddhisten hingegen messen dem diesseitigen Leben eine eher untergeordneten Bedeutung zu. Eine klassische Win-Win-Situation.

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Ein Kommentar

  • Carin schreibt am Freitag, 12.9.2014 um 9:33 Uhr:

    das ist ein 5 Sterne Beitrag. Einfach Klasse, Deine Art zu besschreiben und schreiben.

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