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Machu Picchu Inca Jungle Trail

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#659
0112
2017
Fr
8:53
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Die Anden-Forelle schreit von unten: „Ich wollte nie Sushi werden! Feliz Montezuma, gringo! Chinga te!“. Wann immer mir etwas übel den Magen versaute war es ein nobles westliches Restauran – nie eine der dreckigen kleinen Garküchen. So auch heute morgen um vier Uhr in Cusco.

Der Zeitpunkt könnte nicht besser gewählt sein. Gleich zu Beginn des viertägigen Machu Picchu Inca Jungle Trail mit einer kleinen guten Gruppe von Amis und Deutschen stehen Downhill Mountainbike, Rafting und Bergsteigen auf dem Programm.

Ab sechs Uhr morgens geht es mit dem Minivan drei Stunden lang an alten Inca-Ruinen vorbei hinauf auf den 4.316 m hohen Huamanmarka Pass. Kurz dahinter und noch in den Wolken erhält jeder einen Ganzkörperschutz und ein gutes vollgefedertes Mountainbike.

Die Strecke führt über 50 km und 3.000 Höhenmeter auf geteerter Straße über zahlreiche kleine Flussquerungen und spektakuläre Panorama-Serpentinen bis herunter ins auf 1.200 m gelegene Huyro. Oben frierst du mit Handschuhen, unten grinst du nur noch schwitzend bei 25 Grad. Ride of my life…

Mit dem Minivan geht es weiter zum unteren Urubamba Fluss. Auf der eineinhalb-stündigen Rafting-Tour in Level zwei bis drei werden alle ordentlich nass. Die dritte gesurfte stehende Welle wirft mich über Bord. Ein Mangobaum am Ausstieg wird geplündert, die höher gelegene Marihuana-Plantage bleibt ungeschändet.

Über einen holprigen Feldweg bringt uns der nächste Van an den Aufstieg zum ersten Tagesziel. Durch einen Garten Eden voller Papayas, Mangos, Ananas, Bananen,  Maracujas  und Kaffee geht es 400 Höhenmeter und eineinhalb Stunden lang steil nach oben in einen abgelegenen Bergbauernhof am Inca Trail. Ich brech mit abklingendem Infekt und dank Montezuma einem ganzen Tag fast ohne Essen beinahe zusammen. Ein lieber Dresdner hilft mit dem kleinen Rucksack.

Die ganze Nacht prasselt heftiger Regen auf das Blechdach. Die Dusche ist eiskalt und die aus Stampflehm-Steinen gebaute Unterkunft einfach und echt.

Am Morgen regnet es heftig weiter. Wolken steigen an den steilen Anden-Bergen auf. Unser guter Guide gibt eine dicke Lektion über dutzende lokaler Früchte und Heilpflanzen. Wilde Papageien und Affen toben durch den Garten während ich an einem Meerschweinchenschenkel knabbere.

Der nächste Teil der Tour führt durch eine spannende Steilwand über den alten Inca Trail zwischen Urubamba und Machu Picchu. Vor über 500 Jahren flohen auf genau diesem teilweise nur 50 cm breiten Pfad die letzten Incas vor den Spaniern ins Exil. Links könnte man mit Absturzhöhen von bis zu 300 m senkrecht den Freifallerschein machen. Ausser rutschigen Stufen gibt es keinerlei Sicherung im Regen.

Nach der Steilwand geht es zwei Stunden lang weiter durch dampfenden Dschungel nach unten an den Urubamba. Einfaches gutes Essen und schlafen in Hängematten unter einem Mangobaum zum Rauschen des wilden Flusses.

Am Nachmittag folgen wir weiter den Ufern des oberen Urubamba. Der Fluss wird wilder und schaukelt sich bis auf Wildwasser Stufe vier auf. Einige Nebenflüsse werden über wackelige Brücken gequert – und am Ende der Urubamba selbst über eine Hängebrücke und wenig später wieder zurück über eine Zipline.

Durch einen 50 Jahre alten Tunnel für eine Straße, die garantiert nie gebaut werden wird geht es zum zweiten Tagesziel, den Thermalquellen von Cocalmayo. Das heiße Bad ist nach sechs Stunden Gehzeit über 15 km und 1.000 Höhenmetern das bestmögliche Ende eines heftigen Tages. Ein wilder Ara räubert von Tisch zu Tisch.

Am nächsten Tag geht es mit einem weiteren Minivan ins obere Urubamba Tal. Neben und auf den Gleisen der Eisenbahn nach Aguas Calientes aus den 1920ern wandern wir elf Kilometer bis zum Fuss des Machu Picchu duch Hochland-Dschungel und leichten Regen. Über einen Zentimeter große Ameisen krabbeln über den Weg. Riesenschmetterlinge fliegen um die Köpfe und Unmengen an Sandfliegen verwandeln jede offene Körperfläche in eine Blutkraterlandschaft.

Aguas Calientes ist wie jedes Schlumpfhausen kurz vor UNESCO Welterben: international und äußerst lebhaft. Die Kugel Eis kostet 2,50 €, das Steak 40 €. Nur Alkohol ist billig wie nirgends in Peru. Jeder ist für Machu Picchu hier, und der Aufstieg beginnt spätestens um fünf Uhr morgens.

Die lokalen Busse wurden mit der Eisenbahn eingefahren. Noch immer führen keine Straßen hierher. Die Busse dienen einzig dazu bis zu 8.000 fussfaule Touristen pro Tag über acht Kilometer Schotterpiste nach Machu Picchu zu karren.

Heute fahren keine Busse, sie werden bestreikt und blockiert. Die lokale Bevölkerung hat was gegen das Bus-Monopol mit 24 $ pro Fahrt. Vor der Polizeistation verspricht der Kommandant einigen Reportern und mir das Problem schnell zu lösen. Wenig später strömt eine reichlich paramilitärisch bewaffnete Hundertschaft durch die vollen Gassen Aguas Calientes.

Unsere kleine Truppe bricht um halb vier Uhr morgens zum Eingang von Machu Picchu auf. Als ersten heftet sich uns ein ganzes Dutzend frühstücksgeiler Hunde an die Fersen. Als das untere Tor um fünf Uhr öffnet stehen schon einige hundert Reisende hinter uns.

Der Massenstart ist die erste Attraktion des Tages. Eine Woge Welterbe-wuschiger Wander-Wichtel überrollt mich von hinten mit einem Affenzahn und jeglichen Gesetzen der Schwerkraft trotzend. Einige werden die 450 Höhenmeter und 2.000 irre steilen Stufen in unter einer halben Stunde absolvieren. Ich fühle mich wie in einem Zombiefilm im Schnellvorlauf und wechsle schon früh auf die angenehm ansteigende und vollkommen leere Buspiste.

Bis zum zweiten Checkpoint auf 2.400 m brauche ich 70 Minuten, bin damit laut offiziellem Aufstiegsplan etwas zu langsam, verliere meine Gruppe und die Führung durch Machu Picchu. Die zweite laute Schlange vor dem oberen Checkpoint versüßt mir die Wartezeit.

Noch vor Sonnenaufgang bin ich dann drin: das Welterbe, das Weltwunder, das „Must Do“ für jeden Südamerika-Reisenden. Machu Picchu is beeindruckend, vor allem bei für diese Jahreszeit eher seltenem Kaiserwetter. Aber wie jedes „Wunder“ ist es auch wegen uns viel zu vielen Wundersuchern reichlich entzaubert.

Peru will mit einer Gondel noch mehr Wundersucher hier heraufbringen. Die UNESCO dagegen schreit schon seit langem daß die Besucherzahlen auf 800 am Tag begrenzt werden müssen, um Machu Picchus Zerstörung zu vermeiden.

Einstweilen pfeifen die mit Fernglas und Funk ausgestatteten Kultur-KZ-Wächter die bis zu 8.000 Insassen täglich auf die im Rahmen des 50 € teuren Tickets erworbenen Grundrechte zurück.

Einmal entscheide ich mich für die falsche Abzweigung und komme über die erste Stunde in einem rigoros umgesetzten System aus Einbahnstraßen und Kontrollposten nicht mehr runter vom Weg richtung Ausgang.

Aktuell sind laut Posten nur 1.500 Besucher in Machu Picchu, die Gefahr einer tödlichen Massenkarambolage aufgrund Geister-Touristen somit eher gering einzuschätzen. Aber Flexibilität hält er für etwas zu Essen.

Ich werde unter einem gegen die erste Machu-Picchu-Regel verstoßendem lauten „FUCK IT!“ Schrei vor die Tür befördert. Beim ersten Mal ist das nicht schlimm. Beim zweiten mal war’s das dann mit den 50 € – Wundern.

Die Sonne kommt über den hohen Anden-Gipfeln raus. Machu Picchu strahlt golden. Die abgelegene Inka Brücke ist ein ruhiger und spektakulär in einer Steilwand exponierter Teil des Inka-Pfades.

Den fast senkrechten Huayana Picchu hätte ich Monate vorher buchen müssen. Aber auf den noch höheren Machu Picchu Berg gab es noch Tickets. Durch einen Bambuswald führen irre steile Stufen weiter direkt in den Himmel.

An einer Plattform auf der Hälfte des Weges bemerke ich Kolibris, die ihre Schnäbel immerwieder in die Orchideen vor Machu Picchu tunken. Immer wenn es ein paar Minuten leise wird kommen sie zurück. Ich bring viele Besucher zum mitschweigen. Mein Gipfel ist hier.

Der Rückweg über gut 700 m steile Treppen nach unten ist hart. Das Kiter-Knie knickt ein, ab Checkpoint zwei laufe ich die gesamt Strecke über die lange aber flache Buspiste.

Aguas Calientes erreiche ich nach sieben Stunden Gehzeit komplett alle und gerade noch rechtzeitig für meinen mit 27 € auf elf Kilometern pervers teuren Zug. Sechs Stunden Minivan über spannende „am Abgrund“-Bergpisten nach Cusco machen das Schreiben zum Genuss…

Tipps zum Buchen des Machu Picchu Inca Jungle Trails (und anderer Machu Picchu Touren):  Trotz strikter Beschränkung der Besucherzahlen Machu Picchus auf „nur“ 8.000 am Tag ist eine längerfristige Vorbuchung meist nicht nötig. Ja, man kommt nur mit geführter Tour rein. Aber es gibt fast immer freie Plätze. Vorbuchen ist immer deutlich teurer.

Die Preise schwanken von 60 € für eine vor Ort in Cusco gebuchte Tagestour bis zu 1.600 € für eine langfristig online gebuchte 5-Tagestour z.B. über den Salkantay Trek. Die Gewinnspanne ist trotz meist sehr ähnlicher Leistungen riesig, vergleichen lohnt sich.

Die günstigsten Online-Touren fand ich über Kanoo Tours aus La Paz. Vier Tage drei Nächte kosten inclusive Transport, Unterkunft, drei Mahlzeiten am Tag, Downhill-Mountainbike, Rafting, Machu Picchu und Besteigung des Machu Picchu Berges ca. 240 €. Ein paar Dresdner buchten das gleiche vor Ort in Cusco über „Peru Adventures“ für 150 €. Manch andere zahlten bis zu 800 € online. Also: cool bleiben, vor Ort buchen!

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abgelegt unter: Peru

2 Kommentare

  • Carin Woelky schreibt am Freitag, 1.12.2017 um 16:56 Uhr:

    GEWALTIG:::::Ich wollt, ich wär dabei…

  • Peter Woelky schreibt am Freitag, 1.12.2017 um 17:27 Uhr:

    du weißt, dass Machu Pichu immer mein Traumziel war. erzähl mir mehr nach Rückkehr. Weiter viele solche Erlebnisse, Peter

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